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Interdisziplinäre KompetenzMolekulare Diagnostik
Know how bei der Analyse von Erbmaterial.
Zum Wohle von Patienten.

FachbegriffeInformationen rund um die Pharmakogenetik

Da aufgrund der Sequenzinformationen des Erbgutes (der DNA), Eiweißstoffe (die Proteine) synthetisiert werden, können kleinste Veränderungen (sog. Single nucleotide polymorphism; SNP) zur Synthese völlig unterschiedlicher Proteine führen. Es gibt zwischen den Individuen aber auch Unterschiede im Genom, die längere Genabschnitte betreffen oder auch den Verlust bzw. eine Vermehrung einzelner Gene bedeuten können. Dass die Haarfarbe, die Gesichtsform oder die Größe eines Menschen von seiner genetischen Information abhängt, ist seit langem bekannt – dies gilt genauso für die Reaktion auf Arzneimittel. Das gleiche Medikament kann bei dem einen Menschen eine gute Wirksamkeit entfalten, während es bei einem anderen zu gefährlichen Nebenwirkungen führt. Die genetischen Unterschiede beeinflussen dabei zwei physikalisch-chemische Vorgänge: die Pharmakodynamik und die Pharmakokinetik.

  • Die Pharmakodynamik untersucht die Eigenschaften eines Medikamentes im Körper, also wie es gegen die Krankheit wirkt.
  • Die Pharmakokinetik untersucht die Aufnahme, die Verteilung und den Abbau eines Medikamentes im Körper.

Pharmakodynamik

Ein ideales Arzneimittel wirkt im Körper gezielt auf krankhafte Prozesse. Das Ziel sind bestimmte Moleküle, an denen sich die Dynamik des Arzneimittels entfalten soll. Beispiele:

  • Enzyme – katalysieren biochemische Reaktionen
  • Ionenkanäle -  leiten elektrisch geladene Teilchen durch Membranen
  • ​​​​​​​​​​​​​​Rezeptoren – sitzen als Antennen auf Zell Oberflächen und nehmen Signale von Botenstoffen auf, um diese ins Zellinnere weiterzuleiten

In den allermeisten Fällen sind bestimmte Proteine das Ziel von Arzneimitteln. Die Baupläne dieser Proteine ist in den Genen kodiert. Wenn nun bereits kleine Unterschiede (hier SNPs) die Struktur des Proteins verändern, verändert dies auch die Interaktion zwischen Arzneimittel und dem Protein als Zielmolekül. Dies kann zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) führen.

Pharmakokinetik

Ein Arzneimittel durchläuft im Körper verschiedene Prozesse, die mit Absorption, Distribution,  Metabolismus und Exkretion beschrieben werden. Für seine Wirksamkeit muss jedes Arzneimittel zunächst aufgenommen, verteilt und zum Ort seiner Wirkung transportiert werden. Nach Entfaltung seiner Wirksamkeit wird es abgebaut und dann ausgeschieden. Ein Teil der Arzneimittel wird erst im Körper in seine wirksame Form überführt. Diese Arzneimittel nennt man Prodrugs, denn sie werden erst durch eine biochemische Reaktion aktiviert.

Die Pharmakokinetik eines Arzneimittels, also alle Prozesse von der Aufnahme bis zur Ausscheidung, ist von Proteinen abhängig. Liegen genetische Variationen im Bauplan dieser Proteine vor, kann das die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen. Wenn zum Beispiel der Abbau eines Wirkstoffs verlangsamt ist und das Medikament weiter wie vorgeschrieben eingenommen wird, kann es zu einer Überdosierung kommen. Ist hingegen der Abbau des Wirkstoffs beschleunigt, wird unter Umständen die therapeutische Dosis des Medikamentes nicht erreicht.

Manche Medikamente haben eine schmale therapeutische Breite, so dass der Abstand zwischen wirksamer und giftiger Dosis gering ist. Bei solchen Medikamenten ist es schon vor der Behandlung wichtig, den Metabolisierungstyp des Patienten (poor metabolizer (pm) = langsamer Abbau; rapid metabolizer (rm) = beschleunigter Abbau) zu kennen.

Beispiel 1      Beispiel 2

Die Pharmakokinetik stellt einen Meilenstein in der Entwicklung der personalisierten Medizin dar. Für jeden einzelnen Patienten sollte zukünftig eine individuell zugeschnittene Therapie möglich werden. Hierbei sollen unerwünschte Arzneiwirkungen (Überdosierungen, Unterdosierungen) frühzeitig erkannt und schnell behoben werden. Die Pharmakogenetik hilft zukünftig auch dabei, maßgeschneiderte Arzneimittel für bestimmte Patientengruppen zu entwickeln.